Familie der Boas (Boidae)
Bei den Boas (Boidae) handelt es sich um eine Familie der Schlangen, welche auch als Riesenschlangen bezeichnet werden. Dieses Synonym haben die Boas erhalten, da einige ihrer Vertreter zu den größten Schlangenarten unseres Planeten gehören. Es gibt 13 bekannte Gattungen und 58 bekannte Arten innerhalb der Familie. Die Taxonomie der Boidae ist aber nicht abschließend geklärt.
Inhaltsverzeichnis
Besondere Merkmale der Boas
Zu unterscheiden sind zwingend die Boidae (Schlangenfamilie der Boas) von den Boinae (Unterfamilie mit derzeit fünf Gattungen). Die gegenwärtige Taxonomie unterteilt die Boidae in sechs Unterfamilien:
- Boaschlangen (Boinae)
- Erdpythons (Calabariinae)
- Pazifik-Boas (Candoiinae)
- Zwergboas (Charininae)
- Sandboas (Erycinae)
- Madagaskarboas (Sanziniinae)
Vormals gehörten die Pythons (Pythoninae) zusammen mit den anderen Unterfamilien zu den Boidae. Diese Unterteilung ist aufgrund molekulargenetischer Analysen nicht mehr haltbar und die Pythons bilden eine eigenständige Schlangenfamilie.
Bei allen Boas handelt es sich um ungiftige Würgeschlangen. Von den meisten anderen Schlangen unterscheiden sie sich dadurch, dass beide Lungenflügel noch erhalten sind (im Gegensatz zum sonst üblichen Vorliegen eines ausgeprägten und eines verkümmerten Lungenflügels). Diese dienen als Luftreservoir, wenn die Schlange ihre Beute umschlingt und sich in Folge dessen so weit durch Muskelanspannung versteift, dass die eigene Atmung eingeschränkt wird.Allerdings sind diese Luftreservoire nicht besonders gut ausgebildet.
Ein Gehörsinn ist nicht vorhanden. Boas nehmen Geräusche über die Vibrationen des Unterkiefers wahr, welche wiederum über den Steigbügel weiterleitet werden. Entsprechend gibt es eine Schallwahrnehmung. Die inneren Organe der Riesenschlangen sind insgesamt sehr stark dehnbar. Dies gilt insbesondere für den Magen. Es gibt keine festen Gelenke zwischen Ober- und Unterkiefer, was ein komplettes Ausklinken des Kiefers ermöglicht.
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Das Aussehen der Boas
Boas haben ein sehr diverses Aussehen, das abhängig von der Art und der Lebensweise ist. Selbst innerhalb einer einzigen Art gibt es zahlreiche Färbungen, wenn unterschiedliche Populationen betrachtet werden. So ist die Sandboa in der Regel geblich oder cremefarben grundiert und dunkel gemustert. Die Große Anakonda (auch eine Vertreterin der Boidae) kann hingegen auch grüne, rote, gelbe, weiße und braune Färbungen aufweisen. Dunklere und hellere Nuancen sind - gerade zu Tarnzwecken - vorhanden.

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Insgesamt haben die meisten Vertreter der Boas einen zylindrischem Querschnitt. Die Würgeschlangen sind sehr muskulös. Lediglich ein paar baumbewohnende Arten sind abgeflacht und haben eine leicht abstehende Wirbelsäule. Die Boas haben meist sehr kleine Köpfe und häufig fehlt ein übergang vom Körper zum Kopf in Form eines Halses ganz. Der Kopf weißt keinen Schmuck in Form von Kopfschilden oder aufstellbaren Häuten auf.
Die Augen sind ohne Augenlider und die Pupillen sind immer geschlitzt. Der Geruchssinn gelangt über die Zunge an zwei Vertiefungen des Gaumens (Jacobsonsches Organ) und wird danach ans Hirn weitergeleitet.
Die Riesenschlangen haben insgesamt recht kurze Schwänze, welche ihren Ansatz stets hinter der Kloake finden. Aftersporne (überreste rückgebildeter Hinterextremitäten) sowie der Ansatz eines Beckengürtels sind bei allen Vertretern der Boas noch zu finden.
Größe und Gewicht können von Art zu Art stark variieren. So ist etwa die Große Anakonda mit Längen von weit über fünf Metern und Gewichten von mehr als 100 Kilogramm eine wahre Riesenschlange. Es gibt aber auch Sandboas, welche kaum länger als fünfzig Zentimeter werden und nicht mehr als ein paar Hundert Gramm wiegen.
Die meisten Arten der Boidae weisen zudem keinen starken Geschlechtsdimorphismus auf. Allerdings kann es bei einzelnen Arten - und auch einzelnen Exemplaren - zu erheblichen Unterschieden kommen. Auch hier ist die Große Anakonda wieder ein gutes Beispiel: Die Weibchen werden im Mittel viermal so schwer wie die Männchen.
Verbreitungsgebiet
Boas sind vor allem in wärmeren Klimaregionen zu finden. Der gesamte amerikanische Kontinent mit Ausnahme der nördlichsten Breitengrade, die Karibik, das afrikanische Festland, Madagaskar und diverse Inseln im Pazifik werden von ihnen besiedelt. Weiterhin finden sie sich in Zentralasien, Südosteuropa, auf Sri Lanka, auf der Arabischen Halbinsel, auf und um Neuguinea und in Indien. Einzelne Populationen in anderen Gebieten sind denkbar und wurden auch schon beobachtet.
Dadurch, dass die Boas in Größe und Lebensweise ein sehr großes Spektrum abdecken (es handelt sich nicht bei allen Arten um wirkliche Riesenschlangen), haben sie sich weltweit stark verbreiten können.

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Lebensraum
Die meisten Boa-Arten bevorzugen ein feuchtes Klima und dichte Vegetation. So sind etwa Sumpfgebiete, Regenwälder, andere Feuchtstellen, Flüsse und Seen attraktive Lebensräume. Alle Boas können klettern. Allerdings leben nur wenige Arten dauerhaft in Bäumen. Bei den meisten Arten, handelt es sich beim Klettern um einen Vorgang, der dem Aufwärmen und Trocken des Körpers dient.
Sandboas hingegen leben vor allem in trockenen Gebieten.
Es hat sich aber gezeigt, dass die zahlreichen Boa-Arten sehr anpassungsfähig sind und auch vom Menschen gestalteten Lebensraum annehmen können. Solange es ein Mindestmaß an möglichen Beutetieren und Versteckmöglichkeiten bei passenden klimatischen Bedingungen gibt, können die Schlangen in einen Lebensraum einwandern.
Lebensweise und Ernährung
Die Boas sind Lauerjäger. Dies bedeutet, dass sie sich unter wenig Bewegungsaufwand in eine Position begeben, von der aus sie ein potentielles Beutetier schnell ergreifen können. Dabei spielen Tarnung und Täuschung eine große Rolle. Vom reglosen Treiben im Wasser über das Hängen an ästen bis hin zum Eingraben im Sand sind alle Jagdmethoden vertreten.
Wird ein Beutetier erkannt, wird es mit dem Maul ergriffen und die Würgeschlange beginnt sogleich damit, sich um die Beute zu schlingen. Ist die richtige Position erreicht, wird durch ein Anspannen der Muskeln der Blutkreislauf der Beute zum Erliegen gebracht, was einen Herz-Kreislauf-Stillstand verursacht. Es handelt sich also ausdrücklich nicht um ein Ersticken der Beute.

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Ist die Beute schließlich erlegt, wird sie - häufig mit dem Kopf voran - in einem Stück verschlungen, was mitunter zu einer anschließenden Trägheit des Jägers führt. Je nach Größe der Beute kann eine einzelne Boa mehrere Wochen von ihr zehren. Auch monatelanges Hungern kann ertragen werden. Ausgeschieden werden lediglich Krallen, Hörner und Zähne. Alles andere wird - inklusive der Knochen - verdaut.
Das Beutespektrum ist sehr divers und erstreckt sich von Fischen bis hin zu größeren Säugetieren. Auch Vögel, die eigenen Artgenossen, andere Reptilien und Amphibien werden verspeist. Eher selten fressen die Riesenschlange hingegen Eier.
Außerhalb ihrer Lauerposition bewegen sich die Boidae eher behäbig. Häutungen finden lebenslang und unterschiedlich oft statt. Als Intervalle für die Häutung werden Zeitangaben zwischen sechs und zwölf Wochen genannt. Die Häutung richtet sich nach der Notwendigkeit. Wohl genährte und noch wachsende Boa-Exemplare häuten sich entsprechend öfter. Aufgrund der klimatischen Bedingungen, die die Boas bevorzugen, halten sie keine Winterruhe.
Fortpflanzung
Bis auf die Erdpythons, sind alle Boas lebendgebärend (ovovivipar). Die Eier werden also noch im Schlangenleib ausgebrütet und die Jungschlangen kommen lebend und geschlüpft zur Welt. Dabei sind die Wurfgrößen der Boas von Art zu Art verschieden. Zusätzlich hat sich gezeigt, dass die Größe des Weibchens entscheidend für die Anzahl der Nachkommen ist. Dies gilt umso bei alt werdenden und sehr groß werdenden Arten. Wurfgrößenunterschiede um den Faktor 4 können teils beobachtet werden.
Oftmals verhält es sich bei den Boas so, dass ein Weibchen sich mit mehreren Männchen paart. Es kommt dann zur Ausbildung des sogenannten Schlangenknäuels. Dabei konkurrieren die Männchen untereinander darum, an die Kloake des Weibchens zu gelangen. Die Männchen besitzen zum Zwecke der Fortpflanzung zwei Hemipenes. Bei diesen handelt es sich um ausstülpbare Taschen, welche in die Kloake des Weibchens eingeführt und dann aufgepumpt werden. Sperma wird über diese Taschen in das Weibchen geführt.
Die Paarung selbst ist bei Arten mit Geschlechtsdimorphismus für die Männchen weit gefährlicher als für die Weibchen. So kommt es bei den Boas mitunter zu sehr kräftigen Rangeleien und ein Wegschlängeln des Weibchens. Männchen riskieren in solchen Fällen, dass ein ausgestülpter Hemipenis durch Verletzung unbrauchbar wird oder abstirbt.
Die Paarungszeiten variieren bei den Boas von Art zu Art. Allerdings hängen sie in den meisten Fällen mit klimatischen Bedingungen zusammen.
Fressfeinde und andere Bedrohungen
Die Boas haben eine große Anzahl an Fressfeinden, wobei die Anzahl potenzieller Gefahren mit steigender Größe abnimmt. Die Große Anakonda hat zum Beispiel als adultes Exemplar weit weniger Fressfeinde als eine kleine Sandboa. Allerdings sind Boas als Jungtiere ständig gefährdet: Vögel, andere Schlangen und Kaimane machen oftmals Jagd auf sie. Im späteren Verlauf nimmt die Gefahr aufgrund von anderen Schlangen oder Reptilien ab. Vögel und große Räuber bleiben die Hauptfeinde.
Gefährdungslage
Boas sind in Teilen Afrikas und Teilen Asiens als Nahrungsmittel angesehen und werden entsprechend für ihr Fleisch gejagt. Die Häute der Tiere sind begehrt auf dem Schlangenledermarkt und führen entsprechend zu einem weiteren Bejagen der Bestände.
Das Washingtoner Artenschutzabkommen listet fünf Arten (Chilabothrus subflavus, Chilabothrus inornatus, Acrantophis dumerili, Acrantophis madagascariensis, Chilabothrus monensis) in Anhang I. Diese Arten sind von einem Handelsverbot betroffen. Alle anderen Boas sind in Anhang II gelistet. Entsprechend ist ein regulierter Handel möglich.
Bei den meisten Boas ist der Schutzstatus nicht abschließend geklärt. Es besteht aber kein Verdacht auf eine unmittelbare Gefährdung (also ein bevorstehendes Aussterben) einzelner Arten.
Boas eignet sich nur bedingt für die Haltung zuhause. Infrage kommen nur kleinere Arten mit überschaubarem Platz- und Nahrungsbedarf. Größere Boa-Arten werden in Tropenhäusern oder entsprechenden Forschungsinstituten gehalten. Als Attraktion beeindrucken sie die Besucher durch ihre Größe und ihre teils farbenprächtigen Häute.
Bekannte Vertreter der Boidae
Die Boas haben aufgrund der neuen Systematik einige bekannte Vertreter eingebüßt. Dazu gehörten beispielsweise der Netzpython und der Tigerpython.
Die Boa Constrictor, die Rote Regenbogenboa und die Große Anakonda gehören zu den wohl bekanntesten Vertretern der Boas. Mit der Großen Anakonda befindet sich die wohl weltweit größte Schlangenarten in dieser Familie.
- Große Anakonda
- Boa Constrictor
- Rote Regenbogenboa
- Hundskopfboa
- Sandboa