Die Äskulapnatter (Zamenis longissimus)
Die Äskulapnatter ist eine ungiftige Schlange, die zu der Natternfamilie gehört und die ihren ungewöhnlichen Namen nach Äskulap, dem Gott der Heilkunst, erhielt. Sie ist eine der größten Schlangen Europas und steht in Deutschland auf der Roten Liste.
Erfahren Sie hier, wie die Äskulapnatter aussieht, in welchen Gebieten man sie antreffen kann und wie sie lebt. Außerdem stellen wir Ihnen die natürlichen Feinde dieser in Deutschland heimischen Schlange vor und gehen näher auf die Gefährdungslage der Äskulapnatter ein.
Inhaltsverzeichnis
Das Erscheinungsbild der Äskulapnatter
Die Äskulapnatter hat einen langen, schlanken Körperbau und ihre Normalgröße bewegt sich ausgewachsen zwischen 1,40m und 1,60m. In Ausnahmefällen erreicht die Natter auch Körpergrößen von 1,80m - 2m. Dabei werden Männchen etwas größer als die Weibchen.
Die Grundfarbe der Äskulapnatter auf ihrer Körperoberfläche ist Braun, das verschiedene Schattierungen (gelbbraun, olivfarben, mittelbraun, schwarzbraun) annehmen kann. Durch helle Ränder um etliche Schuppen auf ihrer Körperoberseite entsteht ein schwach ausgeprägtes, helles Quermuster.
Die Farbausprägung kann individuell sehr verschieden ausfallen. Bei helleren Exemplaren ist oft eine deutlich dunklere Längsstreifung an ihren Flanken sichtbar. Vereinzelt kommen auch schieferschwarze Äskulapnattern vor. Die Bauchseite ist meist cremefarben, gelblich bis zitronengelb, kann bei sehr dunklen Individuen jedoch auch blauschwarz gefärbt sein. Die Bauchschilde besitzen eine leichte Kielung, die der Schlange beim Klettern helfen.

By Schurdl (Own work) [ CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons
Der Kopf der Schlange ist nur wenig vom Körper abgesetzt und entgegen ihrem Rücken normalerweise nicht gemustert. Ihre Augen sind von mittlerer Größe und sie besitzen eine runde Pupille. Die Augenfarbe variiert dabei mit der Grundfarbe der Schlange und kann von hell bis dunkel reichen.
Jungtiere sind deutlich auffälliger gemustert. Ihre Grundfarbe ist hell und sie tragen ein dunkles Fleckenmuster auf dem Rücken. Sie besitzen ein dunkles Schläfenband in Kombination mit einem dahinter liegenden hellen Fleck, was an die Ringelnatter erinnern kann. Zusätzlich haben sie über ihrer Schnauze eine dunkle Querbinde und in ihrem Nacken eine Zeichnung, die einem nach hinten gerichteten V gleicht. Die Jugendzeichnung verschwindet jedoch größtenteils schon während ihres zweiten Lebensjahres und ist nach diesem nur noch am Kopf erhalten.
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Verbreitungsgebiet
Die Schlange ist überwiegend im Süden Europas und in Kleinasien anzutreffen. Sie gilt als mediterrane Schlange und ihr Hauptverbreitungsgebiet erstreckt sich zwischen Nordspanien und Mittelfrankreich. Nur vereinzelt gibt es Populationen in den südlicheren Gebieten Deutschlands. In Österreich ist die Schlange in jedem Teil, mit Ausnahme Vorarlbergs, anzutreffen. Die Vorkommen sind jedoch recht versprengt.
Die hellere Äskulapnatter, die in Italien anzutreffen ist, wird inzwischen als eigene Art angesehen (Italienische Äskulapnatter).

Der Lebensraum
Der Lebensraum der Äskulapnatter muss ausreichend sonnig und warm sein, dabei darf er nicht zu trocken werden. Diese Schlangen halten sich am liebsten an sonnigen, feuchtwarmen Stellen auf. Daher ist sie vor allem in Auwäldern, auf Waldlichtungen und Ähnlichem zu finden. Steinbrüche, Steinmauern - durchaus auch Wegbegrenzungen in belebteren Gebieten - , Gerölle oder Ruinen bieten ihr dabei Schutz und sichere Schlaf- und Ruheplätze.
Im Gebirge trifft man sie am ehesten an den Sonnenhängen. Vereinzelt wurden schon Äskulapnattern in einer Höhe von 1500 Metern gefunden, im Regelfall leben sie aber unterhalb von 1000 Höhenmetern. Die meisten der Nattern halten sich auf Höhen von 200 bis 600 Metern auf. 1.623 m war die größte Höhe, in der jemals eine Äskulapnatter gefunden wurde.
Auch in menschlichen Siedlungen kann sich die Natter heimisch fühlen. Dann lebt sie zum Beispiel in Heuschobern oder auf Dachböden. Auch Komposthaufen oder Holzstöße bewohnt sie gern. Sie wurde bereits in Parkanlagen, aber auch auf Friedhöfen, Bauernhöfen, Wein- und Obstgärten beobachtet. Da sie ein sehr gewandter Mäusejäger ist, ist sie ein Nützling in menschlichen Siedlungen und sollte keinesfalls vertrieben oder umgesiedelt werden.
Die Äskulapnatter gilt als ortstreu, jedoch unternehmen Männchen während der Paarungszeit durchaus Wanderungen, die sie mehrere hundert Meter weit bringen können.
Lebensweise der Äskulapnatter
Die Äskulapnatter ist eine tagaktive Schlange, die sich besonders im Hochsommer hauptsächlich im Morgengrauen und in der Dämmerung hinauswagt. Bei sehr großer Hitze, hält sie sich überwiegend im Schatten auf. Wind mag die Natter nicht und bleibt dann nach Möglichkeit in ihrem Versteck. Je nach klimatischen Bedingungen hält die Äskulapnatter zwischen fünf und sechs Monate Winterruhe. Die Jungtiere schlafen etwas länger als die Erwachsenen und haben einen Hauptaktivitätszeitraum von ca. Mai bis Juni.
Ernährung

By Macphail (Own work) [ CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons
Die Äskulapnatter ernährt sich vorwiegend von Kleinsäugern, vor allem Mäusen, Vögeln, Vogeleiern und Eidechsen. Sehr selten frisst die Äskulapnatter auch einmal Insekten oder gar andere Schlangen. Die meiste Nahrung wird während des Mais gefressen und pro Jahr kann eine ausgewachsene Äskulapnatter bis zu 70 Beutetiere verschlingen.
Jungtiere fangen dabei überwiegend Eidechsen und Mäusebabys, die noch nicht flüchten können. In ihrem Geburtsjahr nehmen Junge meistens noch gar keine Nahrung zu sich, da sie kurz nach dem Schlüpfen im September direkt in den Häutungszustand übergehen.
Die Äskulapnatter bleibt bei der Nahrungssuche meist auf dem Boden, sucht in Höhlen und unter Steinen ihre Beute. Sie kann jedoch auch gut klettern und raubt auch Vogelnester aus.
Um ihre Beute zu töten, erdrosselt die Äskulapnatter sie. Kleinere Beute wird in ihrer Schnauze zerquetscht. Die Nahrung wird mit dem Kopf voran verschlungen.
Dem Menschen kann die große Schlange nicht gefährlich werden, da sie vollkommen ungiftig und für ein Erwürgen eines Menschen zu schwach ist. Auch Kinder haben von ihr nichts zu befürchten.
Fortpflanzung
Die Paarung erfolgt normalerweise zwischen Mai und Juni, dies hängt jedoch maßgeblich von den jeweiligen klimatischen Bedingungen ab. Auch die Witterung spielt eine Rolle. Die Eiablage findet im Juni oder Juli statt, ebenfalls abhängig von Klima und Witterung.
Die Größe des Geleges variiert stark und ist von der Größe und dem Ernährungszustand des Muttertiers und den Witterungsbedingungen abhängig. Sie schwankt zwischen 2 und 11 Eiern, jedoch nutzt die Äskulapnatter häufig Masseneiablageplätze, auf denen sie ihr Gelege gemeinsam mit anderen Äskulapnattern, aber auch mit der Ringelnatter (1 von 6 Schlangen in Deutschland), ablegt.
Zur Eiablage werden weiche, warme Plätze aufgesucht, an denen die Eier geschützt sind. In Frage kommen dafür zum Beispiel Komposthaufen, Sägemehlhaufen oder weiche Baumhöhlen, deren Boden schon verwittert ist.
Die Eier sind länglich oder birnenförmig und weiß. Sie weisen deutliche Längsriefen auf und sind im Durchschnitt zwischen 3,5 und 6 cm lang.
Die Jungen schlüpfen nach ungefähr 6 Wochen mit einer Länge von 1,2 bis 3,8 cm. In ihrem ersten Jahr werden sie gerade mal knapp 4 cm lang und sind noch ganz typisch gefärbt. Am Ende des zweiten Aktivitätszyklus haben sie eine Länge von 5 - 6 cm.
Geschlechtsreif werden die Äskulapnattern mit 5 bis 6 Jahren. In diesem Alter haben die Weibchen circa eine Länge von einem Meter erreicht.
Fressfeinde der Äskulapnatter
Die Äskulapnatter ist die Beute vieler Vögel, vor allem von Mäusebussard, Wespenbussard, Schlangenadler und den Rabenvögeln, aber auch Möwen fressen sie, wenn sie sie erwischen können. Aber auch Säugetiere verspeisen sie gern, insbesondere verschiedene Marderarten, Iltisse und Dachse und sogar Wildschweine können ihr gefährlich werden.

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Auch Katzen zählen zu ihren natürlichen Feinden. Dabei spielen die Hauskatzen heutzutage ebenso eine Rolle wie in früheren Zeiten die Wildkatzen oder der Luchs.
Die Jungtiere und kleinere erwachsene Tiere werden auch von anderen Schlangen, allen voran von der Treppennatter, gefressen.
Die Äskulapnatter ist Angriffen nicht wehrlos ausgesetzt. Sie kann ihr Heil in der Flucht suchen und auf Bäume, in Gebüsche oder in höhergelegenes Gebiet flüchten, in arger Bedrängnis selbst auch beißen oder ein stark ekelerregendes Sekret aus ihren Analdrüsen freisetzen.
Die Gefährdung der Äskulapnatter
Die Äskulapnatter wird auf der Roten Liste der einzelnen Bundesländer überwiegend als gefährdet geführt. Sie ist EU-weit geschützt, obwohl sie insgesamt gesehen nicht vom Aussterben bedroht ist. Ihre Vorkommen liegen nur so vereinzelt, dass die jeweiligen Populationen oft sehr klein sind.
Im Zuge der Abkühlung Europas in den letzten Jahrhunderten zog sich die Schlange immer weiter nach Süden zurück. Die in Deutschland oder Österreich ansässigen Populationen sind gleichsam Überbleibsel. Erschwerend hinzukommt, dass die verschiedenen Populationen oft nicht mehr miteinander verbunden sind. Ein genetischer Austausch wird dadurch in einigen Bereichen für die Äskulapnatter unmöglich.
Durch den Straßenverkehr, die Verschlechterung der Lebensräume - vor allem durch die Intensivierung der Landwirtschaft - und die geringere Zahl geeigneter Eiablageplätze sowie weniger Nahrung wird der Äskulapnatter in Deutschland und Österreich das Leben erschwert und die ohnehin kleinen Populationen schrumpfen weiter. Vor allem im Frühjahr werden viele Äskulapnattern überfahren, wenn sie sich zum Wärmen auf den Asphalt der Straßen legen. Trotzdem ist die Habitatzerstörung oder die Lebensbedingungsminderung nur die zweitwichtigste Ursache des Rückgangs. Das Klima spielt eine wesentlich größere Rolle.
Die Verwendung als Symbol
Obwohl es nicht zu hundert Prozent gesichert gilt, wird davon ausgegangen, dass die Schlange, die sich um den Stab des Äskulaps windet, eine Äskulapnatter darstellt. Dieser Stab gilt als Symbol für die Ärzteschaft und wird - in Verbindung mit einem großen V - auch als Erkennungszeichen für Veterinäre verwendet.

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Des Weiteren gibt es die Schale der Hygieia, deren Schaft von eben einer solchen Natter umwunden wird. Diese Schale ist eng mit Pharmazeuten und Apothekern verbunden und soll die Schale der Tochter des Äskulaps gewesen sein, daher ist sie - sowohl in Deutschland als auch in Österreich - ein Teil des roten Apotheker-A’s, das an den meisten Apotheken prangt.
Die WHO trägt den Äskulapstab samt Schlange in ihrer Flagge und sie wird ebenfalls im Star of Life abgebildet (dem internationalen Zeichen für Rettungsdienste) und auch im Wappen von der Ortschaft „Schlangenbad“ ist die Äskulapnatter zu sehen.
Geschichtlich hatte die Äskulapnatter einst ein wesentlich höheres Ansehen als heute. Bei den Römern und den alten Griechen wurde die Schlange verehrt und die Menschen freuten sich, wenn sich eine Äskulapnatter in ihren Stallungen oder ihrem Haus niederließ. Inzwischen ist diese schöne und harmlose Schlange so gut wie vergessen und die meisten Menschen kennen nicht einmal mehr ihren Namen.
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