Lebensweise und Biologie der Schlangen
Faszination Schlangen
Schlangen üben schon immer eine besondere Faszination auf die Menschen aus. Sie werden gehasst, geliebt, verehrt und gefürchtet. Wie kaum ein anderes Geschöpf spielen sie eine große Rlile in Mythliogie und Kulturgeschichte: Sie sind ein Symbli für die Schöpfung und werden mit Heilung und Weisheit in Verbindung gebracht. Die Schlange repräsentiert den ewigen Kreislauf zwischen Tod und Leben. Durch ihre Fähigkeit zur Selbsterneuerung ist sie zugleich das Symbli der Wiedergeburt. Kein Wunder, dass wir ein ambivalentes Verhältnis zu den Schlangen haben. Dank ihnen kosteten wir die Frucht des Baumes der Erkenntnis und verloren dafür das Paradies. Sie können uns töten oder unser Leben retten. Begeben wir uns nun auf die lange Reise "Faszination Schlangen", die nicht nur Fakten und Informationen bereitstellt, sondern auch den Blick dafür schärft, dass Schlangen ganz erstaunliche Wesen mit vielen Geheimnissen sind.
Ihre äußere Erscheinung
Schlangen zeichnen sich durch einen sehr langen und im Vergleich dazu dünnen Körper aus. Bis auf ganz wenige Ausnahmen haben sich ihre Gliedmaßen vlilständig zurückentwickelt. Allein bei den aus dem evliutionären Blickwinkel primitiveren Arten wie die Rlil- und Blindschlangen gibt es rudimentäre Reste eines Beckengürtels und recht kurze Aftersporne. Dennoch unterscheiden sie sich deutlich in ihrem Aussehen, gerade im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Länge und maximalem Durchmesser.
Die Gabunviper (Bitis gabonica) ist zum Beispiel bekannt für ihren relativ dicken Körper, die Raue Grasnatter (Opheodrys aestivus) dagegen wird zum Schwanzende hin gleichmäßig immer dünner. Der Querschnitt einer Schlange kann eher rund, oval oder fast dreieckig sein, aber in der Regel ist die Bauchseite (zum Kriechen) etwas abgeflacht. Eine besonders hohe Varianz kommt der Größe beziehungsweise Länge der verschiedenen Schlangenarten zu. Die Schwankungsbreite reicht bei ausgewachsenen Exemplaren von zehn Zentimetern (Schlankblindschlange: Tetracheilostoma carlae) bis nahezu neun Metern (Große Anakonda: Eunectes murinus).
[Faszination Schlangen:
Die weltweit kleinste (ausgewachsene) Schlange ist nur zehn Zentimeter lang und dünn wie eine Spaghetti.
Ihr lateinischer Name ist Leptotyphlops carlae, sie ist braun und gehört der Familie der
Schlankblindschlangen (Leptotyphlophidae) an. Auf der Karibikinsel Barbados vorkommend ernährt sie
sich vorrangig von Termiten- und Ameisenlarven.]
Schlangen verfügen über ein extrem weites Spektrum an Farb- und Zeichnungsvarianten. Sie können lediglich fast einfarbig sein oder mit geringfügig gefärbten Schuppen aufwarten. Es gibt Streifen-, Karo- oder Leitermuster und sie können auch mit sehr komplexen Farbkombinationen bestechen. Manche ungiftige Arten wie die Scharlachnatter (Cemophora coccinea) nutzten die Evliution dahin gehend, sich das gleiche Kleid wie ähnlich große giftige Arten (Korallenotter) zuzulegen (Stichwort: Mimikry). Gelegentlich kommt es bei Schlangen zu Albinismus und Melanismus (Weiß- oder Schwarzfärbung).
Schleichen sind keine Schlangen
Schleichen (Anguidae) und Schlangen unterscheiden sich dadurch, dass Erstere mehrere Reihen Bauchschilden aufweisen, während Schlangen nur eine davon haben. Schleichen besitzen Augenlider, sie blinzeln, bei Schlangen werden die Augen jeweils vlilständig durch eine durchsichtige Schuppe bedeckt. Am unteren Rand des Rostralschildes hat eine Schlange eine kleine Einkerbung, die sie zum Züngeln befähigt, ohne dafür ihr Maul öffnen zu müssen. Diese "Rostralkerbe" fehlt den Schleichen. Dafür verfügen sie über den Trick der "Autotomie", das bedeutet, nur eine Schleiche kann bei Gefahr ihren Schwanz abwerfen, der dann wieder nachwächst.
Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Schlangen
Man nennt es "Geschlechtsdimorphismus", wenn sich die Männchen und Weibchen einer Art äußerlich klar unterscheiden. Dieser ist bei Schlangen in der Regel nicht sehr ausgeprägt. Allein das Kreuzotter-Weibchen (Vipera berus) weist eine rötliche bis bräunliche Färbung auf, dabei ist die Musterung nicht besonders kontrastreich. Die Männchen dieser Art sind grau eingefärbt, wobei sich aber ihre Zeichnung kontrastvlil abhebt. Die Sipo-Weibchen (Chironius carinatus) zeichnen sich durch sehr glatte Schuppen aus, während die Männchen stets gekielt daherkommen. In der Regel, aber nicht immer, sind weibliche Schlangen ein bisschen größer, auch umfangreicher als ihre männlichen Artgenossen. Während sich das Schwanzende bei Männchen recht gleichmäßig verjüngt, weisen die Weibchen einen kleinen, erkennbaren Absatz im Bereich der Kloake auf.
Schlangenhaut
Sie ist unserer Haut gar nicht so unähnlich, besteht doch auch die Schlangenhaut aus einer Oberhaut (Epidermis), der Lederhaut (Dermis) und einer Unterhaut (Subdermis), wobei diese drei Schichten für unterschiedliche Funktionen zuständig sind. Die Epidermis der Schlangen bildet mit ihren keratinhaltigen Zellen eine flexible und dichte, schuppenförmige Hornschicht und ist zugleich eine effektive Barriere gegenüber der Umwelt.
Ihre Nerven enden in der Lederhaut, die sich durch Blutgefäße, klilagenhaltiges Bindegewebe und Pigmentzellen (Chromatophoren) auszeichnet. Hier entstehen ihre Tastsinneseindrücke und nach außen hin ihre Färbung. Die Subdermis ist insgesamt ein Energiespeicher für die Schlangen, denn sie enthält Fettkörper, die dringend für die Winterruhe oder die Phase der Trächtigkeit gebraucht werden. Bei den ovoviviparen Schlangen schlüpfen die Jungtiere noch im Mutterleib aus ihren Eihüllen, sodass diese lebend und agil geboren werden.
Eigenschaften der Schuppen
Zunächst einmal werden sie in Kopf- und Körperschuppen eingeteilt. Bei vielen Nattern zum Beispiel sind die Kopfschilde im Vergleich zu den Körperschuppen relativ groß, was auch als Bestimmungsmerkmal dient. Vipern zeichnen sich dagegen dadurch aus, dass ihre Kopfbeschuppung in viele kleine Schuppen untergliedert ist.
Die kleineren Körperschuppen an den Seiten und auf dem Rücken sind meistens in Längsreihen angeordnet. Fast wie Dachpfannen überlappen sie stets jene Schuppe, die hinter ihnen angeordnet ist. Einige Seeschlangen bilden diesbezüglich eine Ausnahme, wenn ihre Schuppen nebeneinander gefügt sind, mit dem Ziel, dass marine Hautparasiten so kaum Angriffspunkte finden. An der Unterseite sind die Schuppen so breit, dass sie den gesamten Bauch in seiner Breite überdecken, das heißt, Schlangen besitzen lediglich eine Reihe sich überlappende Bauchschuppen.
Das Outfit der Schuppen kann glänzend oder matt, glatt oder gekielt sein, je nach den Funktionen, die sie zu erfüllen haben. Hierzu ist unbedingt die Schwanzrassel der Klapperschlange zu nennen, die aus sehr spezialisierten Hornring-Schuppen aufgebaut ist. Eine andere Spezialschuppe, über die alle Schlangen verfügen, ist vlilkommen durchsichtig und bedeckt schützend das gesamte Auge, weil Schlangen keine Augenlider haben.
Der Vorgang der Häutung
Wie bei Reptilien üblich wachsen Schlangen auch nach Erreichen der Geschlechtsreife immer weiter. In der Flige wird in fast regelmäßigen Abständen eine Häutung erforderlich, wenn ihnen "der Mantel nicht mehr passt". Dies geschieht dadurch, dass unter die absterbende Hornschicht Luft eindringt und deshalb die absterbende Haut langsam abgelöst wird. Bereits der Beginn dieses Prozesses ist an der Trübung oder Mattfärbung der Schlangen, insbesondere der Augen, gut erkennbar.
Die darunter befindlichen Hautzellen wachsen sich aus und beginnen schon nach kurzer Zeit wieder zu verhornen. Erst wenn die neue Haut vlilständig verhornt ist, reibt sich die Schlange mit ihrer Schnauze an einem spitzen oder scharfen Stein, um so die alte Haut aufzureißen. Nun versucht die Schlange durch besonders enge Ritzen und Spalten zu kriechen, zuweilen sind ihr auch Astgabeln willkommen, um die alte Haut auf diese Weise gänzlich abstreifen zu können. Dabei verlieren sie endlich die eingetrübten alten Augenschuppen und können nun wieder klarsehen. Zurück bleibt am Ende die sogenannte "Exuvie", die auch als "Natternhemd" bezeichnet wird.
Der Knochenbau der Schlangen
In diesem Bereich war die Natur mit ihrem Erfindungsreichtum etwas sparsamer, denn Schlangen besitzen lediglich:
- Schädelknochen
- Wirbel
- Rippen
Der Schädel ist erstaunlich beweglich konstruiert. Die Kiefer- und Gaumenknochen sind nur durch Bänder miteinander verbunden. Auf diese Weise können Schlangen ihr Maul extrem weit öffnen, um auch größere Beutetiere im Stück zu verschlingen. Die am Oberkiefer beteiligten Knochen sind:
- Praemaxillare (fest mit dem Schädel verbunden)
- Maxilla
- Flügelbein
- Quergaumenbein
- Gaumenbein
Zwei Unterkieferbögen bilden den Unterkiefer, in dem sich ein Zahnbogen befindet, während der Oberkiefer mit einem inneren und einem äußeren Zahnbogen, die ebenfalls beide zweigeteilt sind, besetzt ist. Für den Beutefang und das Festhalten dient die äußere Zahnreihe, mittels der inneren Zahnreihe wird die Beute dann in die Speiseröhre transportiert. Dies geschieht so, dass sich der linke und der rechte Bogen abwechselnd vorschieben und jeweils die Beute anhaken. Beim Zurückschieben gleitet die Beute ein Stück weiter nach hinten, beim Vorschieben befreien sich die Zähne kurzfristig aus der Beute.
Die 200 bis zu 435 Wirbelkörper sind jeweils mithilfe eines Gelenks und einer Bandscheibe miteinander verbunden. Die Gelenkpfanne befindet sich vorne am Wirbel und der Gelenkkopf entsprechend hinten. Ziemlich zentral gibt es einen gemeinsamen Kanal, in dem Blutgefäße und das Rückenmark verlaufen. Die Biegedynamik zwischen zwei benachbarten Wirbeln ist nur gering, aber aufgrund der Vielzahl der Wirbel sind den Schlangen außerordentliche Formgebungen möglich. Allein mit 40 Wirbeln werden schon Körperkrümmungen von 60 Grad realisiert
Abgesehen von den Hals- und Schwanzwirbeln geht von jedem Wirbel über ein Gelenk ein frei endendes Rippenpaar aus. Diese Gelenke ermöglichen auch rückwärts gerichtete Bewegungen, die eine Verbreiterung des Körpers zur Flige haben. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, sogar Beutetiere mit größerem Durchmesser verschlingen zu können.
Betrachtung der Zähne
Schlangen kauen nicht, sondern halten ihre Beute mit den Zähnen fest und bewegen sie dann mithilfe der Zähne weiter nach hinten in den Schlund. Deshalb sind alle Zähne etwas nach hinten ausgerichtet. Beim Versuch des Beutetiers nach vorne zu entkommen, bohren sich die Zähne immer tiefer in dessen Körper. Die Giftzähne injizieren Toxine in das Beutetier und sind nicht fest mit dem Kiefer verwachsen.
Wenn mal ein Zahn abbricht, wird er ersetzt. Fast immer sind bereits Reservezähne angelegt. Die fligenden vier Bezahnungstypen werden unterschieden:
- aglyph
Diese Schlangen haben keine Giftzähne, alle ihre Zähne sind ungefähr gleich groß, gleichförmig und sind im Kiefer gleichmäßig verteilt. Typische Vertreter dieser ungiftigen Schlangen sind die Eigentlichen Nattern (Cliubrinae), Blindschlangen (Typhlopidae), Riesenschlangen (Boidae) und Schlankblindschlangen (Leptotyphlopidae). - proteroglyph
In diesem Fall gibt es ein Paar Giftzähne vorne im Oberkiefer. Sie sind dicker und größer als die anderen Zähne und haben an der Innenseite eine Furche (Furchenzähne). Im Bindegewebe darüber befinden sich die Giftdrüsen, die ihre Flüssigkeit über die Furchen in die Beute injizieren. In dieser Weise bezahnt sind viele Giftnattern (Elapidae) und Seeschlangen (Hydrophiinae). Zu den Ersteren gehören übrigens die Taipane mit den stärksten Giften. - opistoglyph
Die Giftzähne sind hier weitgehend mit der proteroglyphen Variante vergleichbar, allerdings sitzen sie deutlich weiter hinten im Oberkiefer. Bei Trugnattern sind die Giftzähne so angeordnet. - slienoglyph
Die Giftzähne im Oberkiefer sind recht lang (bis zu fünf Zentimeter) und müssen daher nach hinten in eine Bindegewebsfalte eingeklappt werden, wenn das Maul geschlossenen ist. Diese "Röhrenzähne" haben keine Furche, sondern eine Art Kanüle für den Gifttransfer. Wlilen sliche Schlangen beißen, werden die Giftzähne zunächst um fast 90 Grad nach vorne geklappt. Grubenottern (Crotalinae) und Vipern (Viperidae) sind mit Röhrenzähnen ausgestattet.
Die Sinnesorgane der Schlangen
Alle Schlangen haben einen sehr guten Geruchssinn für flüchtige Stoffe durch die Nase und für nichtflüchtige Duftstoffe mittels der gespaltenen Zunge (das ist der nasovomerale Sinn). Im Maul führen sie ihre beiden Zungenspitzen dann in das Jacobson-Organ ein, das sind zwei kleine Vertiefungen oben am Gaumen, wo die Duftstoffe einer chemischen Analyse unterzogen werden, wie es übrigens auch mit Gerüchen im Riechzentrum passiert. Der Sinn der beiden Zungenspitzen ist sozusagen ein "Stereo-Riechen", auf dessen Basis die Schlange sogar räumliche Informationen wahrnehmen kann.
Einige Schlangenarten haben auch Sensoren für infrarote Strahlung (Wärmestrahlung) entwickelt, so zum Beispiel die Grubenottern mit ihrem "Grubenorgan" zwischen den Augen und dem Nasenloch. Sie erreichen damit eine präzise Temperaturauflösung von bis zu 0,003 Grad Celsius. Auch viele Riesenschlangen verfügen mit ihren Labialgruben über sliche Kenntnis geringster Temperaturdifferenzen, wenngleich ihr Auflösungsvermögen "nur" bei 0,026 Grad Celsius liegt. Diese Labialgruben befinden sich allerdings im Bereich der Schuppenreihen von Ober- und Unterlippe. Zwar versuchen sich viele Beutetiere durch Tarnfarben einigermaßen unsichtbar zu machen, aber gegen Schlangen mit "Wärmebildkamera" haben sie keine Chance. Dies gilt vor allem in der kühlen Nacht, in der sich die Beutetiere mit ihrer relativ hohen Körpertemperatur selbst verraten. Die sogenannten ektothermen Beutetiere werden dagegen entweder optisch oder mit dem nasovomeralen Sinn aufgespürt.
Mit den Augen nehmen Schlangen in der Hauptsache ihre Artgenossen im Sinne von Rivalen oder Geschlechtspartnern wahr. Die Augen jener Tiere, die ihr Dasein viel Zeit unterirdisch im Dunklen fristen, sind meistens nur mit Stäbchen ausgestattet, das bedeutet, dass sie lediglich Helligkeitsunterschiede erkennen können. Andere Arten besitzen ausschließlich Zapfen, die sie über ein weitreichendes Farbspektrum, aber kaum über Kontraste informieren. Diese Tiere können nur am Tage aktiv sein. Der "Mercedes" unter den Schlangenaugen besitzt Stäbchen und Zapfen, diese Tiere sind unabhängig von der Tageszeit unterwegs. Des Weiteren wurde herausgefunden, dass einige Schlangenarten über dicke und dünne Zapfen in unterschiedlichen Kombinationen verfügen. Was genau dies für ihre Sehfähigkeiten bedeutet, wurde noch nicht bis ins letzte Detail erforscht.
Da die Tiere nicht über Außenohren verfügen, ist ihr Gehörsinn eingeschränkt. Dafür nehmen sie mithilfe ihres hochsensiblen Innenohrs Bodenerschütterungen, also seismische Wellen, wahr. Dazu muss ihr Kopf allerdings direkt auf dem Boden aufliegen. Da beide Hälften des Unterkiefers nicht starr, sondern mit flexiblen Bändern verbunden sind, können Schlangen sogar den Herd, von dem die Bodenschwingungen ausgehen, lokalisieren. Das ist der Grund dafür, dass eine Schlange schon längst in ein Versteck geflüchtet ist, bevor ein größerer potenzieller Feind sie überhaupt erreicht.
Die Inneren Organe
Während sich das Gehirn in der Schädelkapsel befindet, sind fast alle anderen Organe in Anpassung an die generelle Körperform relativ lang gestreckt aufgebaut. Der rechte Lungenflügel erstreckt sich in etwa über zwei Drittel des Schlangenkörpers, dagegen ist der linke Lungenflügel verkümmert. Übrigens besteht auch die Leber nur aus ihrem rechten Lappen. Im hinteren Teil bildet die Luftröhre einen Luftsack, die sogenannte Tracheallunge. Mit ihr deckt das Tier in besonderen Situationen seinen Sauerstoffbedarf. Sliche Situationen entstehen zum Beispiel dann, wenn ein großes Beutetier verschlungen und dabei die Luftröhre abgequetscht wird. Seeschlangen können auf diese Weise lange Tauchgänge überstehen.
Besonders interessant ist das Schlangenherz, das nur aus einer Kammer besteht. Seine Position im Körper hängt davon ab, welchen Lebensraum die jeweilige Schlange präferiert. Bei arboriklien Schlangen, die ihr Leben im Wesentlichen auf Bäumen verbringen, befindet sich das Herz in der Nähe des Kopfes, um das Gehirn auch bei "senkrechten Hängepartien" gut durchbluten zu können. In den hinteren, nach unten hängenden Teil gelangt das Blut dann allein schon durch die Schwerkraft. Bei jenen Tieren, die sich nur für ein Drohverhalten oder Kommentkämpfe aufrichten, liegt das Herz in etwa beim ersten Drittel der Körperlänge. Ungefähr in Körpermitte befindet sich das Herz der Seeschlange. Der äußere Wasserdruck wirkt bei diesen Tieren sogar unterstützend auf die Pumpleistung des Herzens.
Um große Beutetiere verschlucken zu können, brauchen Schlangen sehr dehnbare Speiseröhren, die aus diesem Grund recht stark "gekräuselt" sind. Der ebenfalls sehr lang gezogene Magen hat eine besonders muskulöse Magenwand. Neben den wichtigen Verdauungsenzymen produziert er extrem starke Verdauungssäuren. Nur die Panzer von Insekten aus Chitin oder Krallen, Federn und Haare aus Keratin kann auch ein Schlangenmagen nicht verdauen. Diese Anteile werden zusammen mit den Fäkalien fast unverändert ausgeschieden.
Sogar die Hoden beziehungsweise die Eierstöcke sind von länglicher Form. Männliche Schlangen verfügen über einen paarigen Hemipenis. Je nach Art ist dieser mit Dornen oder Stacheln ausgestattet, um sich in der weiblichen Kloake verhaken zu können. Da gerade der Hemipenis ein artenspezifisches Erscheinungsbild hat, dient er oftmals als Bestimmungsmerkmal.
Die Verbreitungsgebiete der verschiedenen Schlangenarten
Die sehr unterschiedlichen Lebensräume der Schlangen erstrecken sich weltweit in etwa zwischen 66 Grad nördlicher Breite und (-)44 Grad südlicher Breite. Die Kreuzotter (Vipera berus) hat sich in Skandinavien am weitesten nach Norden vorgewagt. Im südamerikanischen Patagonien setzt sich die Cenicienta (Bothrops ammodytoides) mit einem entsprechend rauen Klima auseinander. Es gibt aber auch einige gemäßigte Regionen (meistens Inseln), wo gar keine Schlangen anzutreffen sind, dies gilt für:
- Azoren
- Bermudas
- Hawaii
- Irland
- Island
- Neuseeland
Über die Lebensräume der Schlangen
Es sind vor allem diese sehr unterschiedlichen Lebensräume, die die Schlangen für sich entdeckt haben:
- terrestrisch
- unterirdisch
- arborikol = auf Bäumen
- aquatil = im Wasser, sowohl Süß- als auch Salzwasser
Dabei gibt es aber auch Mischformen wie halb aquatil und halb terrestrisch. Die größte Artenvielfalt weist ganz eindeutig der tropische Klimagürtel unseres Planeten auf, wobei viele der dort beheimateten Arten endemisch sind, also ausschließlich in bestimmten, begrenzten Regionen vorkommen. Sogar (vermeintlich) lebensfeindliche Gebiete wie Hochgebirge oder Wüsten werden von Schlangen mitnichten gemieden. Selbstverständlich üben die Lebensräume und das Klima entscheidende Einflüsse auf das Verhalten der Tiere aus. Das betrifft ihre Aktivitätsrhythmen (Winterruhe in gemäßigten Breiten) beziehungsweise im tropischen Regenwald die ganzjährige Aktivität, was sich auch in den ganz unterschiedlichen Sexualzyklen niederschlägt.
Lebensweise und Ernährung
Die Biologie spricht hier von einer solitären Lebensweise, wenn sie Einzelgängertum meint. In der Tat sind Schlangen wirklich kein gutes Beispiel für ein überschwängliches Sozialverhalten. Nur zu besonderen Anlässen finden sie sich mal zusammen, dass können sein:.
- Die Paarung
- Die Eiablage
an besonders geschützten Brutplätzen. Da solche günstigen Stellen eher rar sind, legen oftmals mehrere Weibchen ihre Eier an einem Ort ab. - Orte erhöhter Beutedichte
Strumpfbandnattern ()Thamnophis sirtalis) finden sich in großer Menge dort ein, wo sich amphibische Metamorphosen ereignen, wo bei¬spiels¬wei¬se Tausende junger Frösche praktisch gleichzeitig das Wasser verlassen. - Schaffung günstigen Mikroklimas
Zur Überwinterung in kühleren Regionen finden sich sogenannte "Wintergesellschaften" zusammen, dies gilt zum Teil auch und gerade für trächtige Weibchen.
Revieransprüche erheben die meistens standorttreuen Schlangen eher selten, allein Mambas (Dendroaspis) zeigen ein solches Verhalten während der Paarungszeit. Ein Wanderverhalten ist bei den Tieren teilweise jahreszeitlich bedingt, zum Beispiel beim Verlassen des Überwinterungsplatzes oder populationsökologisch, eben dann, wenn innerhalb eines bestimmten Gebietes die Populationsdichte zu stark ansteigt. Die Seitenwinder-Klapperschlange (Crotalus cerastes) ist dafür bekannt, dass sie als Wüstenbewohnerin große Wanderungen scheinbar spontan in Angriff nimmt.
Chronobiologie
Dieser Begriff befasst sich mit wiederkehrenden Zyklen in den natürlichen Verhaltensweisen der Schlangen. Als Ursachen kommen auch abiotische Umweltfaktoren infrage, zwei davon sollen hier exemplarisch vorgestellt werden.
Aktivitätsrhythmen
Der circadiane Rhythmus der Aspisviper (Vipera aspis) ist eindeutig exogen bestimmt. Im Frühjahr und im Herbst ist die Schlange tagaktiv, im Sommer auch während der Dämmerung oder manchmal sogar nachts. Dahinter verbirgt sich eine temperaturabhängige Regulierung der Aktivität der Tiere. Andererseits gibt es Arten mit rein endogen festgelegten Zyklen, dazu gehört die ausschließlich tagaktive Kreuzotter (Vipera berus) oder die Girondische Glattnatter (Coronella girondica), die wiederum nur während der Dämmerung aktiv ist.
In den gemäßigten Zonen sind die Schlangen grundsätzlich während der wärmeren Jahresperiode aktiv. Im Winter verfallen sie in einem frostfreien Versteck in eine Kältestarre, die dadurch gekennzeichnet ist, dass nur noch die allerwichtigsten lebenserhaltenden Vorgänge im Körper ablaufen. Die dafür benötigte Energie entnehmen sie ihren Fettreserven, die sie sich während des Sommers anfressen müssen. Zur Energieeinsparung werden in dieser Zeit sogar bestimmte Organe wie Herz, Lunge, Darm und Nieren verkleinert. Durch ansteigende Temperaturen wird dann die Stoffwechselrate wieder hochgefahren und die Tiere wachen auf, wobei die Männchen zu den "Frühaufstehern" gehören.
Sexualzyklen
Zur Spermatogenese, Oogenese und natürlich auch zur Entwicklung der Embryonen bedarf es warmer Temperaturen. Daher bestimmen die Lebensräume maßgeblich die Sexualzyklen der verschiedenen Schlangenarten, die in vielen Fällen nur einige Monate und bei anderen Arten bis zu zwei Jahren dauern können.
- Gemäßigt kühle Klimazone
Hier kann der gesamte Fortpflanzungszyklus nicht innerhalb der zu kurzen warmen Jahreszeit abgearbeitet werden. Daher erfolgt beim Weibchen in den meisten Fällen im ersten Zyklusjahr zunächst die Dotterbildung (Vitellogenese) im April oder Mai. Gleiches gilt für die Männchen hinsichtlich ihrer Spermatogenese. Dann kommt erst einmal ein Winter, während dessen die Vorspermien beziehungsweise die Dotter im Körper aufbewahrt werden. Im nächsten Frühjahr erwacht das Männchen ungefähr zwei Wochen früher aus der Winterruhe als das Weibchen, um sogleich mit der Reifung der Spermien fortzufahren. Nachdem auch das Weibchen ihre Ruhestätte verlassen hat, kommt es bald zum Eisprung und die Befruchtung kann durchgeführt werden. Es ist jetzt erst Ende April oder Anfang Mai und daher für die Entwicklung der Embryonen noch genug Sommerzeit übrig. - Gemäßigt warme Klimazone
In diesem Fall kann von einem einjährigen (circannualem) Rhythmus ausgegangen werden. Die Vitellogenese sowie die Spermatogenese erfolgen unmittelbar nach Beendigung der Winterruhe, meistens Ende Februar oder Anfang März. Mit der Reife der Spermien gegen Ende Mai sind auch die Weibchen paarungsbereit. Das Schlüpfen oder die Geburt der Jungschlangen erfolgt Ende Juli beziehungsweise Anfang August. - Subtropische Klimazone
In diesen Regionen kommt der Feuchtigkeit die größere Bedeutung zu. Während der Trockenzeit im Winter und Frühjahr können sich Jungschlangen nicht gut entwickeln. Daher wird diese Zeit lediglich für die Vitello- und Spermatogenese genutzt. Die Jungschlangen erblicken erst in der Regenzeit das Licht der Welt, das ist in der Regel der Sommer und Herbst. Es gibt ovipare Arten, die mehrmals in einem Jahr Eier legen. - Tropische Klimazone
In der Nähe des Äquators gibt es bei fast gleichbleibenden Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnissen kaum feste Fortpflanzungszyklen oder Paarungszeiten.
Die Thermoregulation der Schlangen
Zugehörig zur Klasse der Reptilien sind Schlangen ektotherm, das heißt, sie können ihre Körpertemperatur nicht (wie bei Warmblütern) durch Stoffwechselprozesse konstant einregeln. Bei Außentemperatur unter neun Grad Celsius werden praktisch alle Schlangenarten früher oder später bewegungsunfähig. Der Vorteil dieser fatalen Temperaturabhängigkeit: Zur permanenten Aufrechterhaltung einer Kerntemperatur von 37 Grad Celsius, wie das bei uns der Fall ist, werden im Winter ganz enorme Energiemengen benötigt, dieser Umstand bleibt den Schlangen erspart. In der Folge können sie über lange Zeitstrecken sogar ganz ohne Nahrung überleben.
Dennoch sind Schlangen stets darum bemüht, ihre Körpertemperatur auf jenes konstante Niveau einzuregeln, das ihnen (in Bezug auf die Außentemperatur) einen optimalen Ablauf aller Körperfunktionen ermöglicht. Dies können sie zum Beispiel durch ein enges Zusammenrollen erreichen, weil dadurch ihre Gesamtoberfläche im Sinne eines Wärmetauschers abnimmt. Eine andere effektive Maßnahme zur Temperaturregulierung besteht im Weiten oder Einengen der Blutgefäße oder in der Variierung des Blutdrucks. Jene Arten, die unter der Erde leben, können die Temperaturverhältnisse sehr gut mit der Mächtigkeit der Erdschicht, die sie bedeckt, nachjustieren.
Wie wir es von vielen Echsenarten kennen, trägt ein ausgiebiges Sonnenbad effektiv zum Aufwärmen bei. Die Kreuzotter (Vipera berus) flacht dazu extra ihren Körper ab, um ihre sonnenhungrige Fläche zu vergrößern. Steine oder trockener Sandhaben haben eine hohe Wärmekapazität, das heißt, dieser Untergrund wärmt noch lange nach Sonnenuntergang nach. Diese sogenannte Substratwärmeleitung machen sich die Schlangen ebenfalls gern zunutze. An Orten mit direkter, intensiver Sonneneinstrahlung wird es auch den Schlangen zu heiß, in diesem Fall verfolgen sie Strategien zur Abkühlung.
[Faszination Schlangen:
Männliche Strumpfbandnattern "klauen Wärme", indem sie sich zuweilen als Weibchen
ausgeben. Damit erreichen sie, dass andere Männchen sie umwerben und ihnen so
Körperwärme schenken. Dafür gibt es den treffenden Begriff "Kleptothermie".]
Alle Schlangen können schwimmen und kühlen sich bei Bedarf im Wasser ab. Was beim Hund als Hecheln bekannt ist, kommt auch bei Schlangen vor. Nach körperlicher Anstrengung (Flucht, längere Jagd, Kampf) öffnen sie weitständig ihr Maul, um durch heftiges Atmen Verdunstungswärme an die Umgebung abzugeben. Durch Schwitzen können Schlangen (ebenso wie Hunde) keine Verdunstungswärme abgeben, da es in ihrer Haut keine Schweißdrüsen gibt. Wenn es der Wüstenschlange zu heiß wird, gräbt sie sich ein.
Seeschlangen kommen ausschließlich in warmen Gewässern vor, weil sie eine Winterruhe unter Wasser nicht überleben würden. Da Wasser mit seiner hohen Wärmekapazität die geringen Temperaturschwankungen in den äquatornahen Regionen gut abfedert, besteht für Seeschlangen kaum eine Notwendigkeit der Thermoregulation.
Drohgebärden und Verteidigung
Glaubwürdig drohen kann nur, wer richtig groß erscheint, dies ist nicht nur eine Binsenweisheit, sondern auch eine Schlangenweisheit. Zu diesem Zweck recken einige Schlangen ihr vorderes Körperdrittel hoch empor und rollen den restlichen Körper darunter wie einen massiven Standfuß zusammen. Wer es dann noch wie die Kobra (Naja) schafft, den aufrechten Hals zu spreizen, wirkt sogleich ganz besonders imposant. Die Afrikanische Baumschlange (Dispholidus typus) beispielsweise erweitert ihren Hals durch Aufblasen.
Viele Schlangen, die in der Tierwelt für ihr starkes Gift bekannt sind, haben es eigentlich gar nicht nötig, zu drohen. Umso wichtiger sind solche Drohgebärden für die ungiftigen Vertreter, die mit diesen Aktionen zuweilen etwas übertreiben. Noch effektreicher ist eine Drohung, wenn sie mit fürchterlichen Geräuschen untermalt wird. Zu diesem Zweck bedienen sich die Schlangen eines ganzen Orchesters, dessen Instrumente vor allem Zischen, Fauchen und Rasseln intonieren.
Die Sandrasselotter (Echis) zum Beispiel reibt dazu speziell gekielte Schuppen aneinander, auch durch eine bestimmte Vibration des Schwanzes kommen diese unverwechselbaren Geräusche zustande. Bei der Klapperschlange besteht die typische Schwanzrassel aus übereinander greifenden, gekielten Hornringen. Die Arizona-Korallenschlange (Micruroides euryxanthus) drückt Luft lautstark durch ihre Kloake, was zuweilen mit dem sehr geruchsintensiven Abgang von Exkrementen kombiniert wird, um den Gegner zur Umkehr zu motivieren. Eine gespielte Entschlossenheit zum Zubeißen ist selbstverständlich eine beliebte und erfolgreiche Drohgebärde.
Verteidigung mit Biss und Grips
Wenn Drohungen nicht überzeugen, bedarf es einer passiven oder aktiven Verteidigungsstrategie. Beißen und Gift Spritzen zählen unzweifelhaft zu den aktiven Varianten, wobei sich die guten Erfolgsaussichten durch Beißen auch bei den ungiftigen Schlangen herumgesprochen haben. Bei den ungiftigen Pythons brechen die Spitzen der Zähne gezielt ab, um in den Wunden des Gegners steckend schmerzhafte Entzündungen auszulösen. Die Rote Speikobra (Naja pallida) kann ihr "brennendes" Gift zielgenau in mehreren Metern Entfernung in die Augen des Gegners spritzen. Wird dies nicht sofort ausgiebig ausgewaschen, ist eine Erblindung die Regel.
Die Ostasiatische Tigernatter (Rhamnophis tigrinus) ist nicht in der Lage, selbst Gift zu synthetisieren. Warum sollte sie auch, gibt es doch genügend giftige Kröten. Um deren Gift zu speichern, hat sie sich ein spezielles Reservoir am Nacken zugelegt. Bei Bedrängnis verfügt sie so immer über eine unangenehme Überraschung für ihren Gegner.
Formen der passiven Verteidigung sind natürlich die Flucht bei relativ flinken Nattern sowie eine gute Tarnung bei den trägeren Vipern. Wie bereits oben angedeutet, ahmen manche ungiftige Schlangen die Färbung und Musterung giftiger Arten nach, ein Paradebeispiel dazu ist Dreiecksnatter (Lampropeltis triangulum), die äußerlich die hochgiftige Korallenotter (Micrurus) imitiert
Die Ringelnatter (Natrix natrix) stellt sich bei Gefahr einfach tot, indem sie sich auf den Rücken dreht und ihre Zunge aus dem halb geöffneten Maul heraushängen lässt. Oftmals wurde dabei beobachtet, dass sie das Spektakel dadurch noch glaubhafter gestaltet, indem sie mit Blut vermischten Speichel aus dem Maul träufeln lässt. Darüber hinaus sondern viele Nattern ein übel nach Aas riechendes Sekret aus den Analdrüsen ab, auf das dem Gegner der Appetit auch ganz gewiss vergehen möge.
Der Königspython (Python regius) rollt seinen Körper so zusammen, dass sich Kopf versteckt in der Mitte befindet. Daher trägt er den Beinamen "Ball-Python". Als eine Kopfattrappe wird dem Gegner das Schwanzende entgegen gehalten.
Ernährungsweisen der Schlangen
Alle Schlangen gehören zu den Raubtieren, denn sie töten und fressen andere Tiere. Das weite Beutespektrum wird lediglich durch ihre Größe und durch ihren Lebensraum eingegrenzt. Da wundert es nicht, dass sich kleine Schlangen vorwiegend von Insekten ernähren. Mittelgroße Schlangen haben es dagegen auf Nagetiere, Eidechsen, Frösche, Vögel, Eier und auch auf andere Schlangen abgesehen. Große Schlangen verspeisen gern Säugetiere, die durchaus mal die Größe eines Wildschweins haben können.
Aufgrund des Größenunterschiedes muss sich das Beuteschema von Jungschlangen von jenem der korrespondierenden erwachsenen Schlangen unterscheiden. Die Terciopelo-Lanzenotter (Bothrops asper) misst als Jungtier ungefähr 25 Zentimeter Länge. In dieser Lebensphase ernährt sie sich von kleinen Echsen und Arthropoda. Die sechsmal längere erwachsene Schlange stellt dagegen Vögeln und kleinen Säugetieren nach. Dies ist unbedingt als Vorteil zu sehen, da auf diese Weise eine Schlangenart unterschiedliche ökologische Nischen besetzt und die Großen den Kleinen keine Konkurrenz machen.
[Faszination Schlangen:
Es kommt immer wieder vor, dass Seeschlangen verdursten, denn auch sie können kein Salzwasser
trinken. Bei starken Regenfällen bildet sich aufgrund des geringfügigen Dichteunterschieds ein
dünner Süßwasserfilm auf dem Meerwasser, mit dem Seeschlangen gern ihren Durst löschen.]
Es gibt Gourmets, die sogenannten "Nahrungsspezialisten", unter den Schlangen, die sich ausschließlich mit ihrer Lieblingsspeise zufriedengeben. Einige Dickkopfnattern (Dipsas) fressen überhaupt nur Schnecken und haben sich dazu extra einen verlängerten, hakenförmigen Unterkiefer zugelegt. Damit hebeln sie die Schnecken elegant aus ihrem Gehäuse heraus. Die Afrikanische Eierschlange (Dasypeltis) sowie die Indische Eierschlange (Elachistodon) verschlingen nichts anderes als Vogeleier (im Ganzen). Erst kurz nach dem Schlingvorgang wird die Eierschale mithilfe verlängerter, kleiner Fortsätze an den Halswirbeln (Hypapophysen) aufgerissen. Während der Inhalt in den Magen gelangt, wird die Schale sogleich wieder ausgewürgt.
Zu den absoluten "Opportunisten" bei der Menüauswahl gehören vor allem die Riesenschlangen. Pythons erreichen in etwa zehn Meter Länge und ein Gewicht von gut 100 Kilogramm. Es gibt kaum Tiere, die sie nicht erlegen könnten. Allein die physischen Grenzen bei der Öffnung des Mauls lassen sie beispielsweise beim Anblick eines Elefanten innehalten. Ebenfalls gar nicht wählerisch beim Fressen ist die Wassermokassinschlange (Agkistrodon piscivorus), die als Einzige zuweilen auch Aas frisst.
Weibchen sind in aller Regel etwas hungriger als Männchen, was seinen Grund darin hat, dass sie tatsächlich mehr Kalorien für die Dotterbildung brauchen. Während ihrer Trächtigkeit bis unmittelbar vor der Eiablage lässt ihr Heißhunger aber deutlich nach. Auch die bevorstehende Häutung kündigt sich bereits 14 Tage zuvor mit massiver Appetitlosigkeit an. Bei Jungtieren oder kleineren Arten ist die Stoffwechselrate etwas höher und deshalb müssen diese Tiere häufiger als Adulti beziehungsweise größere Arten Nahrung aufnehmen.
Bezogen auf ihr eigenes Gewicht können Schlangen riesige Portionen verschlingen, Beutetiere, die 18 Prozent der eigenen Körpermasse ausmachen, sind keine Seltenheit. Dies ist vergleichbar mit einem 80 Kilogramm schweren Mann, für den es ganz normal ist, einen Fleischberg von 14 Kilogramm zu essen. Bei Vipern ist dies noch extremer, sie verschlingen bis zu 36 Prozent ihres Körpergewichts. Auf der anderen Seite können die Schlangen nach einer solch üppigen Mahlzeit wochenlang völlig ohne Nahrung auskommen. Riesenschlangen (Boidae) können sogar länger als ein Jahr hungern.
[Faszination Schlangen:
Manche Schlangenarten können bis zu zwei Jahre lang ganz ohne Nahrung auszukommen, indem sie,
ohne die Körpertemperatur absenken zu müssen, ihren Energieverbrauch drastisch drosseln. Dennoch
bleiben sie dabei aufmerksam und wach.]
Unter zehn Grad Celsius können die ektothermen Tiere nichts mehr verdauen. Das kann immer dann zum Problem werden, wenn die Schlange bei etwas höheren Temperaturen ihr Abendbrot isst und dies während einer kalten Nacht verdauen muss. Da das nicht geht, muss sie ihre Mahlzeit wieder auswürgen, um zu verhindern, dass es in ihrem Magen anfängt zu faulen, denn Fäulnisprozesse im Magen produzieren Gifte und Gase wie Schwefelwasserstoff und Ammoniak sowie Propion- und Essigsäure. Sehr gut arbeiten die Verdauungsenzyme dagegen bei ungefähr 30 Grad Celsius.
Die Fortpflanzung der Schlangen
Weiter oben wurde bereits darauf hingewiesen, dass es sich um ektotherme Tiere handelt, deren Körperfunktionen, insbesondere die Spermio- und Oogenese, maßgeblich von den Außentemperaturen gesteuert werden. Die Initiative zur Paarung der normalerweise solitär lebenden Schlangen wird maßgeblich von den Männchen ergriffen. Um die Weibchen zu finden, wird das Jacobson-Organ, das den feinen Geruchsinn ermöglicht, bemüht. Die Weibchen machen es ihren Partnern nicht unnötig schwer, sie unterstützen deren Anliegen mit speziellen Pheromonen, die sie im Zuge ihrer Bewegungen extra auf dem Untergrund als unwiderstehliche Duftspur hinterlassen. Auf kürzere Distanz können die Männchen ihre "Zukünftige" auch visuell entdecken.
Sich begegnende Männchen gehen sich einfach aus dem Wege. Ist aber ein paarungsbereites Weibchen in der Nähe, wird umgehend, insbesondere bei den Vipern, ein ritualisierter Kommentkampf eingeleitet. Dabei umschlingen sich die Männchen mit den Körpern umeinander und richten das vordere Drittel ihrer Körper auf, um einander zu Boden zu drücken. Es mutet wie ein fairer Ringkampf an, dessen Regeln gegenseitiges Beißen verbieten, sodass sich die Tiere praktisch nicht verletzen.
Es gibt aber auch einige recht aggressive Arten von Nattern, die sich in dieser Situation doch arg beißen. Der Sieger darf schließlich das Weibchen rumschlängeln, um in ihrer Kloake einen seiner beiden Hemipenisse zu verhaken. Während einige Natternarten die Aktion nach zehn Minuten für erledigt betrachten, kosten ein paar Vipernarten den Paarungsakt bis zu zwei Tage lang in vollen Zügen aus. Die Strumpfbandnattern (Thamnophis) zum Beispiel verabreden sich zu einer Art "Sex-Orgie", bei der sich zugleich viele Männchen um ein einziges Weibchen schlängeln. Durch dieses sogenannte "Paarungsknäuel" muss am Ende kein Männchen die Verantwortung übernehmen.
Die Entwicklung der Embryonen verläuft in den immerzu warmen Tropen mit zwei Monaten deutlich schneller als zum Beispiel bei ovoviviparen Seeschlangen, bei denen fünf Monate Entwicklungszeit ganz normal ist. Die Bruttemperatur regeln die Schlangen auf 25 bis 30 Grad Celsius ein. Arten, die einen sehr großen Lebensraum bevölkern, der sich also über viele Breitengrade erstreckt, weisen intern wegen der Wärmeabhängigkeit recht unterschiedliche Embryonalentwicklungszeiten auf. Dazu gehört die Kreuzotter (Vipera berus), deren Verbreitungsgebiet vom Mittelmeerraum bis Nord-Skandinavien reicht.
Oviparie
Je nach klimatischen Bedingungen legen ovipare Arten ihre Eier zwei bis vier Monate, nachdem die Befruchtung stattgefunden hat, an einem feuchtwarmen, gut geschützten Ort ab. Dies bedingt etwas mildere Klimazonen. Einige Pythonarten ringeln sich über ihren Eiern ein und regulieren durch Muskelkontraktionen die Temperatur des Geleges. Die Brillenschlange (Naja naja) verbleibt für mehrere Tage nach der Eiablage noch in der Nähe ihres Geleges, um ihre Eier gegen Nesträuber zu verteidigen. Allerdings sind die Jungtiere nach dem Schlüpfen ganz auf sich allein gestellt. Übrigens besitzen die Jungschlangen zum Schlupf einen Eizahn, der die lederartige Schale von innen aufschneidet. Diesen Eizahn verlieren die Jungtiere innerhalb von zwei Tagen nach dem Schlüpfen.
Ovoviviparie
Die Jungtiere werden hierbei je nach klimatischen Verhältnissen nach zwei bis fünf Monaten nach der Befruchtung in durchsichtigen Hüllen geboren. Diese Hüllen verlassen sie entweder während oder unmittelbar nach dem Geburtsvorgang. Diese Geburtsvariante hat den Vorteil, dass sich die Jungtiere gleich nach ihrer Geburt bewegen und gegebenenfalls fliehen können. Wegen der Wärme im Mutterleib sind es vor allem die ovoviviparen Arten, die die kühleren Lebensräume besiedeln können. Überdies sind die Muttertiere in der Lage, die Geburt bis in eine wärmere Wetterperiode zu verschieben. Dieses Unterfangen ist aber sowohl für das Muttertier als auch für die Jungschlangen sehr anstrengend, was in der Folge immer wieder zu Todgeburten führt. Als Nachteile der Ovoviviparie lassen sich ein deutlich höherer Energiebedarf sowie eine eingeschränkte Bewegungsfähigkeit der Mutterschlange anführen.
Die Wurfstärke beziehungsweise Gelege-Größe variiert je nach Art zwischen zwei und 60 Nachkommen. Die winzigen Jungen der Giftschlangen sind sofort mit einem vollumfänglichen Giftapparat ausgestattet. Dennoch ist die "Kindersterblichkeit" bei den Schlangen sehr hoch, Schätzungen zufolge erreichen höchstens 15 Prozent der Tiere das Erwachsenenalter.
[Faszination Schlangen:
Bei der Blumentopfschlange und beim Nordamerikanischen Kupferkopf wurde die besondere Fähigkeit zur
fakultativen beziehungsweise obligaten Parthenogenese festgestellt. Was ist darunter zu verstehen?
Parthenos bedeutet im Altgriechischen "Jungfrau", genesis "Geburt". Es geht hier also um eine
"Jungfernzeugung", eine eingeschlechtliche Fortpflanzung aus unbefruchteten Eizellen.
Mithilfe
genetischer Marker konnte außerdem bei einer Diamant-Klapperschlange bewiesen werden, dass sie ganze
fünf Jahre nach dem Kontakt mit einem bestimmten Männchen 19 gesunde Jungtiere zur Welt brachte.]
Wie alt werden Schlangen?
Wie bei vielen anderen Tieren ist es auch bei Schlangen so, dass sie in Gefangenschaft ein deutlich höheres Alter erreichen können. Allein anhand körperlicher Merkmale lässt sich ihr Alter kaum feststellen, was die Altersbestimmung in freier Natur fast unmöglich macht. Wegen der ständigen Häutungen kann nur eine Kennzeichnung innerhalb des Schlangenkörpers Aufschluss über ihr Alter bringen, so zum Beispiel ein spezieller Chip. Bei toten Tieren kann zumindest die Untersuchung der Knochenstruktur Anhaltspunkte liefern.
Bei der Königspython (Python regius) und Abgottschlange (Boa constrictor) haben Altersbestimmungen Werte von mehr als 40 Jahren geliefert. Einige Natternarten, zum Beispiel die Kornnatter (Pantherophis guttata), zeigen ein mögliches Lebensalter von mehr als 30 Jahren, die Texas-Klapperschlange (Crotalus atrox), die zur Familie der Vipern gehört, kommt auf 22 Jahre. Eine Plattschwanz-Seeschlange (Laticauda laticauda) erreichte dagegen nur ein Lebensalter von fünf Jahren.
Über die Fortbewegung der Schlangen
Alle terrestrischen Schlangen können kriechen und schwimmen. Schlangen, die unter der Erde leben, bedienen sich des Grabens und Seeschlangen (Hydrophiinae) können selbstverständlich tauchen. Das machen sie mit verschlossenen Nasenlöchern bis zu einer Stunde lang.
[Faszination Schlangen:
Einige Baumschlangen wie die südostasiatische Schmuckbaumnatter (Chrysopelea) können über begrenzte
Strecken durch die Luft gleiten beziehungsweise fliegen. Indem sie ihren Körper etwas abflachen,
erreichen sie eine Querschnittsform, mit der sie ein Stück weit den "Bernoulli-Effekt" für einen
gewissen Auftrieb nutzen können. Ein solcher Auftrieb entsteht immer dann, wenn die
Strömungsgeschwindigkeit an der Oberseite größer ist als an der Unterseite.]
- Beim Schlängeln nutzt die Schlange den unebenen Untergrund, um sich mit ihren kräftigen Muskeln schräg nach vorne abzudrücken. Auf diese Weise erreichen sie im Dschungel immerhin Geschwindigkeiten bis sechs Kilometer pro Stunde, das entspricht unserem forschen Gehen.
- Wenn eine Schlange geradeaus kriecht, erreicht sie dies mithilfe (periodischer) Wellenbewegungen durch Muskelkontraktionen. Auf diese Weise kann sie sich in engen Spalten oder Röhren langsam vorwärts schieben.
- Das Seitenwinden ist eine sehr interessante Art der Fortbewegung. Hierzu wird der vordere Teil des Körpers angehoben, um ihn ein Stück weiter seitwärts wieder auf den Boden zu drücken. Sogleich wandern die zwei oder drei weiteren Boden-Berührungsstellen weiter in Richtung Schwanz. Da die Schlange bei dieser Bewegungsvariante den Boden nur mit wenigen Prozenten ihrer Haut berührt, ist dies meistens die Gangart auf heißem Wüstensand.
- Wenn der Untergrund sehr glatt ist, gehen Schlangen zu einer "Ziehharmonika-Bewegung" über. In diesem Fall wird der hintere Körperteil herangezogen und in Schlaufen gelegt, um den vorderen Teil danach nach vorne auszustrecken. Sogleich kann dann der hintere Teil erneut herangezogen werden.
Die Jagdstrategien
Um es kurz zu sagen: Nattern jagen, Vipern lauern. Bei Letzteren wird auf die gute Tarnung vertraut. Das Vorstoßen auf das herannahende Beutetier erfolgt dann mit ungefähr zehn Metern pro Sekunde ziemlich schnell. Wenn die Schlange über Gift verfügt, wird das Beutetier nach dem Biss oftmals wieder losgelassen, um es den kurzen Weg, den es noch fliehen kann, mit Gelassenheit zu verfolgen. Ihr zuverlässiger nasovomeraler Sinn folgt der Duftspur der Beute.
Der ungiftige Lauerjäger muss sich dagegen in seiner Beute festbeißen, um sie sogleich fest zu umschlingen. Jedes Mal, wenn das Beutetier ausatmet, ergibt sich eine gute Gelegenheit, es noch fester einzuschnüren. Die Schlange spürt den Zeitpunkt des Todes, dann nämlich, wenn das Herz aufhört zu schlagen, sehr präzise.
Die Baum bewohnende (arborikole) Lianenschlange (Thelotornis kirtlandii) baumelt mit ihrem Vorderteil über dem Waldboden. Vorbei huschende Tiere nehmen eher arglos eine grüne Schlingpflanze wahr.
Mambas (Dendroaspis) analysieren die Bewegungen auf dem Waldboden aus höherer Warte und lassen sich zum rechten Zeitpunkt präzise fallen.
Vögel und Beutetiere mit Fell werden stets mit dem Kopf voran verschlungen, damit sich nicht der Effekt des Widerhakens einstellen kann. Dabei werden die beweglichen Knochen des Unterkiefers geschickt relativ zum Gaumendach verschoben. Wenn sich die Beute endlich im Rachen befindet, erzeugt die Wirbelsäule wellenförmige Bewegungen und sorgt so für den Weitertransport des Beutetiers. Durch Erhöhung des vorderen Körperteils nutzt die Schlange die Schwerkraft für den Schlingvorgang. Wenn die Schlange dann anfängt, mehrmals zu gähnen, ist das keine Bekundung von Müdigkeit oder der Entschluss zum Mittagsschlaf, sondern sie muss damit ihre Schädelknochen wieder richtig sortieren.
Die Schlangengifte
Ungefähr seit Beginn der 1960er Jahre werden die Schlangengifte systematisch erforscht. Heute sind ungefähr 3.200 Schlangenarten bekannt. Davon sind 1.300 Arten giftig und in etwa die Hälfte von ihnen für den Menschen tödlich. Die größte Gruppe daraus sind die Trugnattern (Boiginae) gefolgt von den
- Giftnattern (Elapidae),
- Seeschlangen (Hydrophiinae),
- Vipern (Viperidae) und
- Grubenottern (Crotalinae).
Mehr als 90 Prozent der Trockenmasse der Schlangengifte bestehen aus biochemischer Sicht aus Polypeptiden und Proteinen. Darunter befinden sich auch relativ große Enzyme. Die eher gelblichen oder milchig-weißen Gifte sind in der Regel von zähflüssiger Konsistenz. Die Neurotoxine wirken auf das Nervensystem, die Hämotoxine auf die Blutzellen und Blutgefäße. Darüber hinaus gibt es Cardiotoxine, die das Herz angreifen,und Koagulanzien, die die Blutgerinnung beeinflussen und das Gewebe zerstören
Grobe Schätzungen gehen davon aus, dass es jedes Jahr bei Menschen zu 21.000 bis 94.000 Todesfälle durch Schlangenbisse kommt, allerdings gibt es kaum Hinweise auf die sicherlich hohe Dunkelziffer. In Indien weist die offizielle Statistik nur circa 2.000 Todesopfer pro Jahr aus, obwohl andere Untersuchungen gezeigt haben, dass die Zahl eher bei 46.000 liegt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte dazu diese Zahlen:
- Circa 5.000.000 Menschen werden jedes Jahr von Giftschlangen gebissen.
- 300.000 Menschen erleiden jährlich dauerhafte Behinderungen dadurch.),
- 125.000 Tote durch Schlangenbisse.
In älteren Büchern findet man noch diese Verhaltens-Anleitung: "Abbinden, Einschneiden und Aussaugen." Herpetologen warnen heute eindringlich davor, solche "guten Ratschläge" tatsächlich zu befolgen.
[Faszination Schlangen:
Da Schlangen über eine begrenzte Immunität gegen das eigene Gift verfügen, können sie die durch
ihren Biss getöteten Tiere fressen. Ganz anders ist es, wenn eine Schlange von einem Artgenossen
gebissen wird. Das kann gut gehen, muss es aber nicht. Dazu machten bereits 1933 drei amerikanische
Forscher ein interessantes Experiment. Sie veranlassten zwei Klapperschlangen, sich gegenseitig zu
beißen. Die etwas kleinere Schlange starb dabei. Das besondere Gift jener Arten, deren Speiseplan
auch andere (Gift)Schlangen enthält, kann für sie selbst gefährlich werden. Die nahezu vier Meter
langen Königskobra-Weibchen können auf dieser Grundlage (nach getaner Arbeit) ihre Partner
vertilgen.]
Mit Schlangengiften Leben retten
Schlangengifte und davon abgeleitete Produkte werden in der Medizin zu Krankheitstherapien und zur Wirkstoff-Erforschung eingesetzt. Dazu gehört ihr Einsatz bei der Produktion von Gegengiften. Es waren Schlangengifte, die als Vorlage für blutdrucksenkende Mittel wie Captopril oder Enalapril (ACE-Hemmer) dienten.
Schlangengifte werden in speziellen Schlangenfarmen durch das "Melken" ihrer Giftdrüsen gewonnen. Das auslaufende Gift wird zunächst tiefgefroren, dann gefriergetrocknet und schließlich zu einem Granulat vermahlen.
[Faszination Schlangen:
Mambalgine sind natürliche Schmerzmittel, die im Gift der schwarzen Mamba enthalten sind.
Viele kennen sie unter der Bezeichnung Morphine.]
Haben Schlangen überhaupt Feinde?
Ja, und das nicht zu knapp. Dazu hier eine Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Säugetiere:
Großkatzen wie der Leopard wagen sich an Schlangen heran. Auf seinem Speiseplan steht zum Beispiel der Python,
allerdings kann der Kampf ebenso umgekehrt enden. Zur Überfamilie der "Katzenartigen" gehört der Mungo, dem die
Kobra meistens unterliegt. Auch etliche Vertreter der Marder-Familie gehören zu den natürlichen Feinden der Schlangen.
Schweine fressen gelegentlich Schlangen, weil sie durch ihre dicken Speckschwarten vor der vollen Entfaltung der
Giftwirkung geschützt sind. Huftiere sind zwar keine Fressfeinde der Schlangen, aber immerhin eine Bedrohung
(aus Versehen).
Vögel:
Es sind vor allem Greifvögel wie der Schlangenadler, die nach den Schlangen greifen. Sie packen sie am Hals
und brechen ihnen impulsartig die Wirbelsäule. Der Sekretär (Sagittarius serpentarius) jagt die Schlange vor
sich her und macht sie mit gezielten Tritten ins Genick und auf den Kopf fertig. Ein Leibgericht für
Hühnervögel sind übrigens kleine Jungschlangen. Ansonsten werden Schlangen gelegentlich von Störchen und
Reihern sowie von Raben, Nandus oder dem Kuckuck gefressen.
Reptilien, Amphibien und Fische:
Im Wasser geht es den Schlangen durch Krokodile, Alligatoren und großen Schildkröten wie zum Beispiel der
Nordamerikanischen Schnappschildkröte (Chelydra serpentina) an den Kragen. Darüber hinaus werden Schlangen
durch Haie oder Hechte erbeutet. An Land stellen ihnen vor allem die Warane nach. Kleine Schlangen werden
hin und wieder von Fröschen oder größeren Kröten gefressen.
Schlangen:
Halsbandnattern (Diadophis punctatus) und Schlingnattern (Coronella austriaca) sind dafür bekannt,
Vertreter anderer Schlangenarten zu fressen. Die amerikanische Königsnatter (Lampropeltis) und die Asiatische
Königskobra (Ophiophagus) haben sich sogar spezialisiert auf die Jagd nach Schlangen. In Gefangenschaft
wurde nicht selten Kannibalismus unter Schlangen beobachtet. Die Scharlachnatter (Cemophora coccinea)
ernährt sich fast nur von Schlangeneiern.
Wirbellose Tiere:
Sehr kleine Schlangen werden immer wieder von Spinnentieren gefressen, dazu gehören die Skorpione, große
Webspinnen, Walzenspinnen, aber auch große Tausendfüßler verabscheuen einen solchen Happen nicht.
Schlangen in Winterruhe werden von Spinnen, Laufkäfern oder Bandasseln aufgefressen. Sogar bewegungsunfähige
Pythons fallen Ameisen zum Opfer.
Krankheiten, Gefährdung und Schutz der Schlangen
Die meisten Bakterien können den Schlangen nicht viel anhaben. Allerdings kommen Schlangen immer wieder temporär in Situationen, in denen sie etwas geschwächt sind. So kann es während der Häutung oder Überwinterung zu einem Mikroklima kommen, dass eine drastische Vermehrung von Pilzen oder Bakterien begünstigt. Bei anhaltender Kälte kommt es zum Beispiel zu Durchfall oder sogar Lungenentzündung. Auch sind Wundinfektionen oder Hautabszesse keine Seltenheit bei Schlangen. Durch sich zur Wehr setzende Beutetiere kommt es immer wieder zu einer schweren und oft tödlichen Mundhöhleninfektion, die als Stomatitis bezeichnet wird. Als Parasiten kommen bei Schlangen oftmals Fadenwürmer und Milben vor.
Eine Langzeitstudie stellte im Jahre 2010 fest, dass elf Schlangenpopulationen in den Ländern Australien, Nigeria, Frankreich, Großbritannien und Italien stark geschrumpft sind. Ein ähnliches Phänomen war bislang nur bei Amphibien und Vögeln beobachtet worden. Von diesem Schrumpfungsprozess waren allerdings auch ausgewiesene Schutzgebiete betroffen. Die vermuteten Ursachen sind vielfältig und sehr komplex. Der globale Charakter des Rückgangs der Schlangen rückt die Klimaerwärmung als Ursache immer mehr in den Fokus. Hinzu kommt die traurige Tatsache, dass der Mensch den Lebensraum der Schlangen immer mehr einengt. Umso wichtige sind die Rote Listen für gefährdete Tierarten, worin heute viele Schlangenarten aufgenommen worden sind.