Die Aspisviper (Vipera aspis)
Die Aspisviper (Vipera aspis) ist neben der Kreuzotter eine von nur zwei Giftschlangenarten, die in Deutschland und in der Schweiz heimisch sind. Dabei beschränkt sich ihr Vorkommen in Deutschland auf den südlichen Schwarzwald.
Erfahren Sie hier, wie die Schlange aus der Familie der Vipern aussieht, in welchen Regionen sie beheimatet ist, wo ihr bevorzugter Lebensraum liegt und wie die generelle Lebensweise dieser Schlange aussieht. Außerdem finden Sie hier auch einige Informationen über das Gift der Aspisviper und was im Falle eines Bisses zu tun ist.
Inhaltsverzeichnis
Das Aussehen der Aspisviper
Die Schlange sieht der Kreuzotter so ähnlich, dass kaum ein Laie den Unterschied erkennt. Sie kann eine Länge von circa 70 Zentimetern erreichen. Ihre Färbung variiert in Abhängigkeit von ihrem Geschlecht und ihren Lebensbedingungen zwischen Hellgrau, Braun und Schwarz. Im Grundsatz ist aber ihr oberseitiges Zeichnungsmuster stets etwas dunkler als die Grundfärbung. Dabei können durchgängige Wellenband- oder Zickzackmuster auftreten oder es handelt sich eher um Fleckenreihen beziehungsweise Querstreifen.
An den Flanken des Körpers findet man oftmals versetzt angeordnete Flecken. Die Männchen sind stets etwas länger als die Weibchen und sie sind kontrastreicher, bei einem gleichzeitig höheren Schwarzanteil, gezeichnet.
Der Kopf der Aspisviper ist nahezu dreieckig und setzt sich deutlich vom restlichen Körper ab. Die Position ihrer Nasenlöcher erinnert etwas an eine "Stupsnase". Zwar ist ihre Schnauze ein wenig nach oben gezogen, aber es hat sich kein Schnauzenhorn ausgebildet. Bei einer bräunlich-gelben Iris hat die Aspisviper senkrecht orientierte Pupillen, was bei unseren heimischen Giftschlangen typisch ist.
Verbreitungsgebiete
Die Aspisviper trifft man vornehmlich im westlichen Europa in diesen Regionen an:
- Südost-Frankreich
- Nordost-Spanien
- West-Österreich
- Italien, mit einer Unterart auf Sizilien
- Vereinzelt in süddeutschen Biotopen (Schwarzwald)
Zwar ist die Aspisviper in der "Internationalen Roten Liste" als least concern (ungefährdet) eingestuft, dennoch ist die Schlange in Deutschland vom Aussterben bedroht.
Es gibt insgesamt sechs Unterarten (Subspecies) der Vipera aspis:
- Vipera aspis aspis ist als Nominatform der Aspisviper in Nord- und Zentralfrankreich sowie in süddeutschen Biotopen zu finden.
- Vipera aspis atra wird auch als Alpenviper bezeichnet und kommt in der Zentral- und Südschweiz, im nördlichen Pyrmont und in der Lombardei vor.
- Vipera aspis francisciredi ist die zentralitalienische Aspisviper, die vornehmlich in Nord- und Zentralitalien sowie auf Elba anzutreffen ist.
- Vipera aspis hugyi kommt als süditalienische Aspisviper auf Sizilien vor.
- Vipera aspis zinnikeri lebt in der Gascogne und im Bereich der spanischen und französischen Pyrenäen.
- Vipera aspis montecristi kommt ausschließlich auf der italienischen Insel Montechristo (im Tyrrhenischen Meer) vor.
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Bevorzugter Lebensraum der Aspisviper
Die Aspisviper bevorzugt steinige, trockene Biotope in Höhenlagen bis zu 3.000 Metern. Ihr typischer Lebensraum sind Mittelgebirgslandschaften, die es so auch im Alpenraum gibt. Dabei entscheidet sich die Schlange meistens für Steinbrüche oder Geröllfelder beziehungsweise Schotterflächen an eher südlich ausgerichteten Hängen oder Flussufern.
Die Lebensweise der Aspisviper
Die Aspisviper ist im Wesentlichen eine tagaktive Schlange, wobei es hin und wieder vorkommt, dass sie noch in der Dämmerung oder sogar nachts aktiv ist, insbesondere in sehr warmen Sommernächten. In den kühleren Jahreszeiten beginnt die Aspisviper ihren Tag gern mit einem morgendlichen Sonnenbad, um sozusagen auf "Betriebstemperatur" zu kommen.
Die Nahrung und Fressfeinde
Eidechsen und Kleinsäuger gehören zu ihren typischen Beutetieren, aber auch einen Vogel oder Frosch verschmäht sie nicht. Dabei wird das Opfer zunächst von der Aspisviper gebissen, um dann so lange verfolgt zu werden, bis es verendet ist. Danach verschlingt die Aspisviper das getötete Tier im Stück, angefangen vom Kopf her. Ab Oktober sucht sich die Aspisviper ein gutes Versteck, um bis in den März hinein meistens allein eine Winterruhe zu halten.
Die Aspisviper hat einige Feinde, dazu gehören diverse Marderarten, Igel, Mäusebussard, Kolkrabe und Rabenkrähe. Junge Aspisvipern werden durchaus von der Schlingnatter und anderen Schlangenarten angegriffen und verspeist.
Die Fortpflanzung
Die Paarung der Aspisvipern findet in den Monaten April und Mai statt, es kommt aber auch vor, dass sich die Tiere nochmals im September und Oktober paaren. Die Männchen tragen dabei ab und zu Rivalitätskämpfe aus. Nach der Paarung bleibt das männliche Sperma im Körper des Weibchens vier bis sechs Wochen lang erhalten, denn erst dann geschieht die Befruchtung der Eier, die im Körper des Weibchens heranreifen. So gehört die Aspisviper zu den lebend gebärenden Reptilien. Ihr "Wurf" besteht aus zwei bis zwölf Jungschlangen. Geschlechtsreif werden die Tiere ab dem dritten Lebensjahr.
Über das Gift der Aspisviper
Wie die Kreuzotter ist die Aspisviper nicht besonders aggressiv. Der Mensch gehört natürlich nicht in ihr Beuteschema. In aller Regel ergreift die Schlange vor dem Menschen die Flucht und greift nur dann an, wenn sie sich direkt bedroht fühlt und keinen anderen Ausweg mehr sieht. Dies tut sie aber nicht ohne ihre typische Vorwarnung, die darin besteht, dass sich die Schlange zusammenrollt, ihren vorderen Körperteil anhebt, um sogleich deutlich hörbar zu zischen. Zielgenau zubeißen kann sie aber nur auf kurzer Distanz von höchstens einem halben Meter.
Ihr Gift ist noch ein bisschen giftiger als jenes der Kreuzotter. Wie bei den meisten europäischen Giftschlangen wirkt auch das Gift der Aspisviper hämorrhagisch (es löst Blutungen aus) und cytotoxisch (es zerstört das Gewebe). Zu einem geringen Prozentsatz wirkt ihr Gift sogar neurotoxisch.
Der Biss der Aspisviper kann einen gesunden Menschen nicht töten. Um dauerhafte Schäden zu vermeiden, sollte aber auf eine schnelle medizinische Hilfe geachtet werden. Bei den ersten Symptomen nach einem Biss handelt es sich um Schwellungen im Bereich der Wunde, die sich mit der Zeit in Richtung Körperzentrum ausbreiten, was mit mehr oder weniger starken Schmerzen verbunden ist. Eher selten können auch noch die folgenden Symptome auftreten:
- Übelkeit und Erbrechen
- Niedriger Blutdruck
- Herzklopfen
- Krämpfe
- Bewusstseinstrübungen
- Lähmungen
In Einzelfällen können Menschen auf die injizierten Proteine allergisch reagieren (anaphylaktischer Schock).
Richtiges Verhalten im Falle eines Bisses
Die Wunde nicht aussaugen, da das Gift über die Mundschleimhäute in die Blutbahn gelangen kann. Auch Abbinden, Ausschneiden, Ausbrennen und Kühlen sind keine empfehlenswerten Maßnahmen. Stattdessen sollte die gebissene Person viel Wasser trinken (keinen Alkohol, keinen Kaffee) und so schnell wie möglich einen Arzt aufsuchen. Körperliche Anstrengungen (Arbeit und Sport) sollten unbedingt vermieden werden, weil sich sonst das Gift im Körper noch besser verteilt. Damit der Arzt das genau passende Antiserum verabreichen kann, muss die Schlange identifiziert werden.
Allgemeiner Hinweis: Aus einer Verteidigungshaltung heraus "verschwendet" eine Giftschlange beim Beißen nicht unbedingt ihr "wertvolles" Gift. Wenn aber die Jagd die Motivation zum Zubeißen war, dann ist damit zu rechnen, dass die Schlange gezielt eine größere Menge ihres Gift injiziert hat.
Bei den europäischen Giftschlangen werden nach einem Biss die folgenden drei Vergiftungsstufen beobachtet:
- Leichte Vergiftung
Unmittelbar nach dem Biss entsteht ein sehr starker Schmerz, die Bissstelle zeichnet sich durch Schwellungen (Ödeme) aus, es treten Übelkeit mit Erbrechen und eine erhöhte Pulsfrequenz beziehungsweise Herzklopfen ein. - Mittelschwere Vergiftung
Die Schwellungen breiten sich immer weiter aus, es bilden sich Ödeme, Lymphknoten und Lymphbahnen entzünden und verdicken sich begleitet von Rötungen (Lymphangitis). Die gebissene Person erbricht sich, es kommt zu Durchfall, Blässe, Blutdruckabfall, krampfartigen Schmerzen im Bauchbereich. - Schwere Vergiftung
Die Schwellungen können den ganzen Körper betreffen, wiederholte Kreislaufzusammenbrüche, bläuliche Hautverfärbungen, Bewusstseinstrübung, Bewusstlosigkeit und Koma können auftreten.
Derartige schwere Vergiftungen (bis zu 15 Prozent aller Fälle) sind beim Biss durch eine Aspisviper durchaus häufiger als zum Beispiel durch eine Kreuzotter. Kinder und alte beziehungsweise kranke Menschen sind diesbezüglich besonders gefährdet.
Erste Hilfe
- Alle Beteiligten sollten erst einmal ruhig bleiben, sowohl körperlich als auch psychisch. Ein Beruhigungsmittel für den Gebissenen kann hilfreich sein.
- Die betroffene Person soll viel Wasser trinken.
- Die gebissene Extremität sollte ruhiggestellt werden (Arm in eine Schlinge, Bein schienen).
- Die gebissene Person sollte im Liegen so schnell wie möglich zum Arzt transportiert werden.
- Die Schlange soll nach Möglichkeit identifiziert werden.
- Auf Symptome einer Vergiftung achten: Lähmungen, Augenstarre.
- Aussaugen, Ausbrennen, Ausschneiden der Bisswunde sind kontraproduktiv. Sogar das Kühlen mit Eis könnte eher schädlich sein.
Hinweis zum Antiserum
Bei der Verabreichung eines Antiserums muss immer mit einer allergischen Reaktion, das kann auch ein lebensgefährlicher anaphylaktischer Schock sein, gerechnet werden. Aus diesem Grunde sollte eine ernsthafte Notwendigkeit zur Gabe eines Antiserums vorliegen und die Behandlung sollte dann durch einen erfahrenen Arzt erfolgen. Meistens ist aber eine symptomatische Therapie gegebenenfalls mit Intensivüberwachung ausreichend.
Mehr Informationen zum korrekten Verhalten nach einem SchlangenbissGefährdung der Aspisviper und Schutzmaßnahmen
Eine direkte Gefährdung der Art liegt zurzeit nicht vor. Sehr wohl sind aber einige isolierte Populationen gefährdet, eine davon lebt ausgerechnet in Deutschland. Da hier der Lebensraum der Aspisviper zu sehr begrenzt ist, wurde die Schlangenart in die Rote Liste mit aufgenommen, und zwar gleich in die Kategorie 1: "vom Aussterben bedroht".
Die Gefährdung der Tiere geht in erster Linie von unserem dichten Straßennetz aus, wo sie immer wieder von Kraftfahrzeugen überfahren werden. Es gibt leider auch viele uneinsichtige Schlangenhalter, die sehr viele Aspisvipern für heimische Terrarien einfangen und zum Teil weiter verkaufen.
- Kreuzotter - Giftige Schlange aus der Familie der Vipern
- Ringelnatter - Ungiftige Wasserschlange
- Äskulapnatter - Ungiftige Land- und Kletterschlange
- Schlingnatter - Ungiftige Landschlange in Deutschland
- Würfelnatter - Ungiftige Wasserschlange aus der Familie der Nattern
- Blindschleiche - Echsenart die häufig für eine Schlange gehalten wird